Nach Schopenhauer ist eine Geist-Erscheinung "bloß die Anwesenheit eines Bildes in seinem anschauenden Intellekt, vollkommen ununterscheidbar von dem, welches unter Vermittlung des Lichtes und seiner Augen daselbst von Körpern veranlasst wird, und dennoch ohne wirkliche Gegenwart solcher Körper; desgleichen in Hinsicht auf das hörbar Gegenwärtige, Geräusche, Töne und Laute, ganz und gar gleich den durch vibrierenden Körper und Luft in seinem Ohr hervorgebrachten, doch ohne die Anwesenheit oder Bewegung solcher Körper". [Lit 101]
Schopenhauer gesteht Geistkörpern einen von unserem Lebenssystem unabhängigen Wirkungsraum und die Möglichkeit der sprachlichen Kommunikation zu. Nach Jung erkenne man in einer Geistererscheinung "ein visuelles inneres Bild", das man, anstatt es als Phantasie zu erklären, mit dem gleichen Recht als Erscheinung akzeptieren und damit Wirklichkeit zubilligen könnte [Lit 136].
Roberts (Seth) widerspricht Schopenhauer in Bezug auf die 'wirkliche Gegenwart solcher Körper', denn diese würden vom Wahrnehmenden selbst mit Atomen und Molekülen in eine mehr oder minder dichte, physische Darstellung projiziert (vgl. Bd. zero) - und zwar als Interpretation telepathischer Informationen aus dem inneren Kontakt zu dem Geschauten. Daher würde nicht jeder Anwesende diese Erscheinung projizieren und dann über die äußeren Sinne wahrnehmen können, sondern nur diejenigen, welche mit dem Bewusstsein der Erscheinung aus einer Affinität heraus telepathisch verbunden sind. [Lit 211]
Nach Roberts könnte eine sichtbare Geistererscheinung nur eine von verschiedenen Gestalten sein, die ein persönliches Bewusstsein für verschiedene Zwecke hervorbringt. Diese Produkte konzentrierter Energie werden "durch lebhafte gezielte emotionale oder mediale Vorstellungsbilder erzeugt". Dies sei dem Wachbewusstsein jedoch nicht bewusst. Zum Entstehen sei die Intensität einer Vorstellung von entscheidender Bedeutung. Sie schreibt:
"Habt ihr beispielsweise das starke Verlangen, an irgendeinem anderen Ort zu sein, dann kann, ohne dass ihr euch dessen bewusst seid, an dem betreffenden Ort eine pseudophysische Gestalt von euch auftauchen. Das Verlangen wird den Stempel eurer Persönlichkeit und eurer Erscheinung tragen, obwohl ihr euch der Erscheinung und ihres Auftretens an dem anderen Ort unbewusst bleibt. Obgleich dieses Gedankenbild normalerweise von andern nicht wahrgenommen wird, ist es doch durchaus möglich, dass in Zukunft wissenschaftliche Instrumente es wahrnehmen könnten. Beim gegenwärtigen Stand der Dinge kann ein solches Bild von denjenigen wahrgenommen werden, die ihre inneren Sinne entwickelt haben." [Lit 175]
Auch geistige Aussendungen dieser Art nennt Roberts Fragmentpersönlichkeiten. Nach ihrer Auffassung realisiert sich jede intensive geistige Tat - ob emotionaler oder gedanklicher Natur - notwendig in physischer oder pseudophysischer Gestalt und trägt stets das Gepräge ihres Urhebers. (vgl. Bd. zero)
Eine Geistererscheinung ist demnach die Wahrnehmung eines "ausgesendeten Energiekerns" einer lebenden oder verstorbenen Identität, welche in dem Moment emotional oder medial intensiv mit dem Ort des Erscheinens oder dem anwesenden Menschen verbunden ist und von diesem ohne Zeitverzug über dessen Vorstellung angezogen wird. Die Intensität der Erscheinung hängt von der Intensität der Vorstellung ab - diese kann entweder medial oder durch "große Gefühlskonzentration" aufgebaut sein. Die Bewusstseinsenergie-Kerne starker Fragmentpersönlichkeiten könnten beispielsweise dem Sender auch ohne eigene physische Sinne den Geruch der Seeluft am Zielort oder andere Eindrücke der Umgebung vermitteln, in der sich dieses Pseudo-Ich gerade befindet. Der ausgesendete Energiekern ist nicht mit dem Astralleib oder dem zweiten Körper identisch, welcher sich nur kurzzeitig vom physischen Körper entfernen kann.
So wird eine Fragmentpersönlichkeit bewusst oder unbewusst durch das Streben eines Wachbewusstseins von einer emotional verbundenen Person oder einem Ort angezogen. So, wie wir einen autonomen Teil unseres Ich mit dem Zielort verbinden, so sandte All-das-was-ist einen autonomen Teil seiner Selbst in andere Zustände, in denen sie als Wesenheiten fungieren. Ebenso verfahren Wesenheiten, indem sie aufgrund eines starken Verlangens nach einer schöpferisch unabhängigen Existenz Aussendungen ihrer Selbst in Abfolgen physischer Lebenszyklen entsenden. Das physische Lebenssystem ist dabei ein Trick, ein Kunstgriff, um den fortstrebenden Teilen von All-das-was-ist schöpferische Souveränität zu geben.
Form und Anschauung einer Geistererscheinung basieren entweder auf dem Selbstbild des erscheinenden Bewusstseins oder bei hohem spirituellem Erkenntnisstand auf der freien Wahl des Erscheinenden. So könnte dieser als beliebige menschliche Gestalt, als Nebelsäule oder als Lichtpunkt wahrgenommen werden.
Deren Wahrnehmung erfolgt in der Regel über die niedere Bewusstseinssicht (vgl. Bd.2) des Unterbewusstseins im Zustand einer intuitiven Versenkung des Wachbewusstseins (vgl. S.24). Sehr günstig ist hierfür der Übergang vom Schlaf zum Erwachen. Der Fokus des Wahrnehmenden ist hierbei noch auf das emotionsfreie Unterbewusstsein gerichtet, weshalb derart wahrgenommene Geistererscheinungen den Wahrnehmenden während ihres Auftretens nicht erschrecken. Ein Erschrecken kann jedoch nach Schopenhauer später im diskursiven (Fn. S.23) Nachdenken des Wachbewusstseins folgen [Lit 101].
Das Motiv einer erscheinenden und gegebenenfalls Materie beeinflussenden, lebenden oder verstorbenen Identität besteht also in dem intensiven Bedürfnis, mit anwesenden physischen Lebewesen zu kommunizieren oder an dem betreffenden Ort zu sein. In Folge sendet dessen Unterbewusstsein eine Fragmentpersönlichkeit zum Zielpunkt. Die Geistererscheinung ist in der Regel nur über die niedere Bewusstseinssicht des Unterbewusstseins wahrnehmbar. Reduziert jedoch der erscheinende Bewusstseinsenergiekern seine Schwingungsfrequenz auf das Niveau des Bewusstseins der physischen Materie, dann ist er für alle Anwesenden über physische Sinne wahrnehmbar.
Diese Reduzierung der Schwingungsfrequenz erfolgt
Für Geistererscheinungen1 gilt folglich der kausale Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Nach Auffassung des Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene an der Universität Freiburg sowie nach Ingrisch, Meckelburg, Roberts und Bender können nicht nur Verstorbene erscheinen, sondern auch Geistkörper (vgl. Bd.2) Lebender, sofern bei ihnen eine der beiden oben genannten psychischen Vorbedingungen gegeben ist. Der eine Geistererscheinung auslösende lebende Mensch wird als Fokus-Person bezeichnet. Sein Geistkörper ist hiernach ein Teil seiner Unterbewusstseins-Energie, welche sich in einer dem Wachbewusstsein nicht direkt bewussten außerkörperlichen Erfahrung verselbständigt hat [Lit 35]. Damit wurde es zur Fragmentpersönlichkeit.
Der Auslöser für das Auftreten der Geistererscheinung eines Lebenden ist eine intuitive Versenkung seines Wachbewusstseins, hierbei ein absichtsloses Fokussieren von Gedanken in der Ruhe einer kontemplativen (Fn. S.37) Stimmung, jedoch verbunden mit der Emotion eines starken Wollens. Zum Beispiel bedauert man Zuhause angekommen, eine Party vorzeitig verlassen zu haben und sehnt sich in intuitiver Versenkung zurück. Oder man möchte irgendetwas durch eigene Anschauung herausfinden.
In dieser entspannten Konzentration verschiebt sich in einer Phasenverschiebung der Fokus der Aufmerksamkeit vom Frequenzbereich des Wach- zu dem des Unterbewusstseins. Hierdurch unterliegt der Wachbewusstseinsanteil nicht mehr den Beschränkungen seines physischen Realitätssystems in Bezug auf Zeit und Raum. Man könnte sich also passiv das Unterbewusstsein fokussierend frei in Zeit und Raum bewegen. Tatsächlich scheint man sich jedoch außerhalb der Schlafphasen nur entweder in der Zeit oder im Raum zu bewegen. Nur wenige sind aufgrund der Abwesenheit einengender Glaubenssätze in der Lage, im Wachzustand beides miteinander zu verknüpfen. Und noch weniger Lebende werden bei diesen Ausflügen des Geistes von anderen wahrgenommen, weil hierzu eine der oben genannten Übereinstimmungen erforderlich ist. So wird ein Zustand von für andere wahrnehmbarer Bewusstseinsenergie bei Lebenden wohl nur zufällig erreicht. Dennoch ist dieser Mechanismus ein völlig normaler alltäglicher Vorgang, den jeder Mensch tagtäglich häufig initiiert. Je emotionaler er ist, desto öfter und intensiver träumt er sich zum Gegenstand seines Traums.
Wenn also auf diesen zeitlichen oder räumlichen Exkursionen die Schwingungsfrequenz der Fragmentpersönlichkeit zufällig mit derjenigen der physischen Umgebung oder anwesender Unterbewusstseine übereinstimmt, kann diese von anderen entweder über deren physische Sinne oder über deren Unterbewusstseine wahrgenommen werden (vgl. Bd. 2). Diese Wahrnehmungen sind zwar selten, kommen aber häufiger vor, als allgemein bekannt ist. Kaum jemand in unserem technikverliebten Zeitalter2 ist bereit, außerhalb des engen privaten Kreises hierüber zu sprechen. Religionen nutzen derartige Erscheinungen und stilisieren sie - ihre wahre Natur verkennend - zu Heiligenerscheinungen hoch. Mögliche positive Wirkungen, welche Orte des Auftretens von Heiligenerscheinungen auf Gläubige haben, resultieren aus dem Freisetzen von jederzeit vorhandenen Kräften im Bewusstsein der Gläubigen selbst. Das Phänomen der Heiligenerscheinung führt die Wahrnehmenden lediglich in die erforderliche Geisteshaltung. Siehe hierzu Band 7 'Heilung über das Bewusstsein'.
Nach Ingrisch, Meckelburg und Roberts können Geistererscheinungen physisch völlig real wirken. Sie sind jedoch oft unpassend gekleidet - beispielsweise mit einem Sommerkleid an einem kalten Wintertag oder seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten aus der Mode gekommenen Gewändern. Angesprochen reagieren sie meist gar nicht. In sehr seltenen Fällen kommunizieren Geistererscheinungen mit stark veränderter Stimme. In der Regel sind sie jedoch absolut teilnahmslos. Wenn man diese stets nicht physischen Geistkörper zu greifen versucht, langt man hindurch. Hierzu ein exemplarisches Beispiel von Meckelburg:
Eine Lehrerin hatte im Schulgarten zu tun. Zeitgleich überließ sie ihre Klasse einer Aufsicht. Als sie vom Garten aus sah, dass die Aufsicht den Klassenraum verließ, sorgte sie sich um die Schüler - sie würden die Zeit vertrödeln und Unheil anrichten. In dem Moment erschien auf dem Stuhl im Klassenraum der Geistkörper der Lehrerin. Die Schüler schauten sofort aus dem Fenster und sahen ihre Lehrerin gedankenversunken und mit sehr langsamen Bewegungen im Garten hantieren. Der Geistkörper verharrte regungslos. Eine Schülerin griff gar durch ihn hindurch. [Lit 154]
Alle dreizehn Schülerinnen sahen vorgeblich diese Erscheinung. Daraus ist zu schließen, dass das Unterbewusstsein der Lehrerin seine Schwingungsfrequenz zufällig auf das Niveau der Materie reduziert hatte. Nur so konnte der Geistkörper über den physischen Sehsinn und nicht nur über die Unterbewusstseinssicht wahrgenommen werden.
Hätte es diese Übereinstimmung in der Schwingungsfrequenz nicht gegeben, wäre die Fragmentpersönlichkeit der Lehrerin in identischer Form und Ausdehnung ebenso an diesem Ort gewesen - wir laufen andauernd durch Gespenster hindurch, weil wir sie in der physischen Realität nicht wahrnehmen. Aber auch in der geistigen Welt nehmen wir andere Geistwesen, wie wir es selbst sind, nicht wahr, wenn wir uns mental sperren oder sie nicht unser Interesse erregen. Denn wir sind dort gegenüber allen anderen selbst Gespenster respektive Geistwesen und nehmen nur das wahr, worauf wir uns einstimmen (vgl. Bd.2). Die Auswahl folgt nur unserem Interesse. Und unser Interesse folgt unseren Motiven.
Einigen Quellen zufolge werfen diese Erscheinungen Schatten, wenn sie mit künstlichen Lichtquellen angestrahlt werden. Mal nehmen beide Seiten einander wahr, mal nur eine die andere. Wenn sie sich jedoch gegenseitig wahrnehmen und hierdurch einen geistigen Kontakt herstellen, können sie kommunizieren und interagieren. Diese Erscheinungen treten zudem nicht nur in der Gegenwart des Senders auf.
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