Gewalttaten gegen andere Menschen, Tiere, Insekten, gegen die Natur und überhaupt alles Seiende sind Ausdruck spiritueller Unvernunft. Dem Gewalttäter fehlt noch die Bereitschaft, seine verengenden Scheuklappen abzulegen und sich mental allem Seienden zu öffnen. Denn die physische Existenz beruht auf einer allumfassenden Kooperation.
Nach Roberts (Seth) Auffassung ist jedoch ein Streben nach Vermeidung jeglicher Aggression selbst in hochentwickelten Zivilisationen sehr nachteilig, weil es Tatkraft und Vitalität blockiere und damit zu einem Stillstand führe. Sie spielt auf eine übertriebene emotionale Selbstkontrolle des Individuums im direkten Konflikt an. Eine völlig aggressionsfreie Haltung im gelebten Alltag wäre unter den Bedingungen unseres physischen Lebenssystems mit erheblichen geistigen und körperlichen Nachteilen verbunden. Man stürbe oft früh und wäre mental durch eine komplexe Kontrollstruktur blockiert.
Vorteilhafter sei eine konstruktive und friedliche Entwicklung des schöpferischen Potentials, wozu jedoch die natürliche Aggression des Animus als Antrieb notwendig sei. Nur mit ihr könne ein jeder auf schöpferische Weise seinen persönlichen Weg finden, um seine Aggressionen und Gewaltäußerungen in konstruktive Bahnen umzulenken.
Jede heftige Aggression und jede Gewaltäußerung ist Ausdruck einer längeren Unterdrückung der natürlichen gewaltfreien Aggression. Anhaltend unterdrückte Energien stauen sich in der individuellen Psyche solange an, bis sie sich Ausdruck verschaffen. Die regelmäßig bei entsprechenden Auslösern gezeigte natürliche Aggression nimmt ihnen die Energie. Wer natürliche Aggressionen nicht unterdrückt und somit nichts anstaut, braucht diese verstandesgemäß kaum zu kontrollieren, weil sie gewaltfreie Gegenreaktionen auf vermutete Übergriffe liefert.
Diese Aussagen bergen Potential für Fehlinterpretationen. Die Emotion der Aggression enthält tatsächlich das schöpferische Potential, schafft einen Antrieb zum zielgerichteten Handeln, so wie auch die Emotion in einer Konkurrenzsituation zu einem schöpferischen Streben führt. Dies gilt zwar für alles Seiende, aber nicht für künstliche Strukturen wie Polizeiapparate, Militärs, Gerichtsbarkeiten oder Staaten als Ganzes.
Von staatlichen Strukturen ausgehende Gewalttaten sind immer ungerechtfertigte Übergriffe und Zeichen der Schwäche. Die Gesellschaft akzeptiert sie jedoch in der Regel im Rahmen der Dienstausübung der Polizei. Werden dann gewalttätige Übergriffe bekannt, die nicht nur nicht sanktioniert, sondern auch noch vertuscht werden, wird deutlich, wie falsch es ist, im staatlichen Auftrag Handelnden Gewaltausübung zu gestatten. Ein exemplarisches Beispiel:
Am 11.Juli 2018 wurde die Bonner Polizei von Passanten zu Hilfe gerufen, als ein Deutscher mit palästinensischen Wurzeln einen US-amerikanischen jüdischen Professor attackierte. Der Gelehrte war mit einer Kollegin unterwegs und sollte am Abend eine Gastlesung an der Bonner Universität halten. Der Angreifer floh erst nach 20 Minuten beim Herankommen der Polizei. Das Opfer folgte ihm, um der Polizei die Fluchtrichtung zu weisen. Doch vier Polizisten rissen das 50-jährige Kippa tragenden Opfer zu Boden und schlugen ihm etwa 50 bis 70 Mal ins Gesicht. Dabei zerbrach seine Brille. Er übte keine Gegenwehr, rief nur immer wieder: "Ich bin der Falsche." Obwohl er blutete, bekam er auch infolge keine ärztliche Versorgung. Die Polizeiführung sprach im Nachhinein weiterhin von Gegenwehr, obschon die Polizeipräsidentin sich persönlich bei dem Opfer entschuldigte. [Lit 204]
Die Erfahrungen des dritten Reiches wirkten nur über wenige Generationen nach bis etwa zum Ende der achtziger Jahre. Respekt, Kooperation und Toleranz und die Erwartung derselben von allen anderen Menschen lassen seitdem kontinuierlich nach. "Those who cannot remember the past are condemned to repeat it", stellte George Santayana bereits 1905 fest.
Die Angehörigen staatlicher Strukturen sind nicht Willens und in der Lage, übergriffige Mitglieder zu sanktionieren und auszuschließen. Dieser inhärente Mangel hat bereits zur Entstehung des dritten Reichs beigetragen. Nach innen oder außen Aggressivität und Gewalt auslebende, künstliche Strukturen sind immer Ausdruck kultureller Defizite.
Doch was tun? Zwar würde eine besonnene durchdachte kulturelle Höherentwicklung in Richtung eines nationalen Strebens nach Werterfüllung alles Seienden einschließlich der Nutztiere und der Natur den technologischen Fortschritt im Militärbereich behindern. Für das Volk wäre dieses ein Gewinn, weil deren geistiges Potential, deren Streben und Tatkraft frei wäre für die Optimierung des Gesundheitssektors, der Arbeitsverhältnisse und der allgemeinen Lebensumstände. Eine kontrollierte, emotionale, gleichsam natürliche Aggression wie in der Konkurrenzsituation zwischen Staaten ist hierbei als Antrieb hilfreich. [Lit 184]
Roberts warnt ausdrücklich vor Gewalttaten gegen Mensch, Insekt, Tier und Natur. Es gäbe keinen Überlebenskampf in der Natur, alles Leben basiere auf einer großen Kooperation, der eine Vereinbarung aller Gattungen zugrunde liegt (vgl. Bd.6). Auch zwischen der Gattung Mensch und den Gattungen der Nutztiere gilt diese Vereinbarung, nur erfüllen die Menschen ihren Teil der Verpflichtung zu Werterfüllung der Tiere fördernder und schonender artgerechter Tierhaltung nicht. Von den unnötigen Grausamkeiten wie der Kastration ohne Betäubung und den Schlachtmethoden ganz zu schweigen.
Zwar zeigen auch Tiere natürliche Aggressionen, diese dienen aber primär der Vermeidung gewalttätiger Auseinandersetzungen:
"Jedes Tier weiß, dass das andere unter bestimmten Bedingungen kämpfen, eine aggressive Haltung einnehmen oder sein Nest verteidigen wird. Und jedes Tier weiß auch, dass es von einem anderen gejagt und geschlagen werden kann, wenn dieses Hunger hat. Abgesehen von dieser vom Überlebenstrieb her unvermeidlichen Kampfsituation fürchten sich Tiere nicht voreinander. Sie wissen, dass jedes andere Tier eine gute Absicht in sich trägt. Gönnt eurer Spezies das gleiche." [Lit 184]
Weil Präzision in dieser Aussage essentiell für das Überleben der Menschheit ist, zitiere ich Roberts hierzu noch einmal ausführlicher:
Dies hat nichts mit Vergeltungskausalität zu tun. Die Wirkungen eigenen Denkens fallen ohne Verzögerung direkt auf das Individuum selbst zurück. Und nicht erst in einem späteren Leben. Alle Lebenszyklen sind im Grunde simultan, und wir beeinflussen diese durch unser Denken, Handeln und Streben direkt.
Die Bundesrepublik Deutschland wurde in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg bis zum Mauerfall, also von 1949 bis 1989, zu einem Land mit der im weltweiten Vergleich vermutlich höchsten Lebensqualität. Dies resultierte aus einer Konkurrenz der politischen Systeme im geteilten Deutschland - der Westen war emotional angetrieben zu beweisen, dass der Kapitalismus in einer sozialen Marktwirtschaft besser für das Individuum sei als der Sozialismus jenseits der Mauer. Das ist ihm gelungen. Nach der Wiedervereinigung entfiel dieser Antrieb ersatzlos. Infolge wurden in kürzester Zeit Demokratie, Gewerkschaftseinfluss, betriebliche Mitbestimmung und weitere sozialen Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft durch Medienbeeinflussung und politische Weichenstellungen zurückgefahren zugunsten eines radikal kapitalistischen Systems nach dem Beispiel der USA. Der Bürger wird seitdem weniger geschätzt, kontinuierlich eingeschränkt, reduziert, finanziell ausgepresst und behindert.
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