In privaten Schriften, die erst spät publiziert wurden, spricht Roberts (Seth) von einem ewigen Widerstreit ihres 'übermäßig gewissenhaften Selbst' mit ihrem 'spontanen Selbst'. Das übermäßig gewissenhafte Selbst repräsentiert Motivationskraft und ist für die lebenslange Verfolgung von Zielen verantwortlich. Es zeigt dem spontanen Selbst die Richtung an. Das spontane Selbst verkörpert grundlegende Fähigkeiten, die das übermäßig gewissenhafte Selbst nach Erfordernis zum Erreichen von Zielen gezielt einsetzt.
Das spontane Selbst hat das Bedürfnis, die Ziele des übermäßig gewissenhaften Selbst zu verstehen. Beide formen gemeinsam die sich an der Oberfläche einer Identität in Charaktermerkmalen zeigende Ego-Struktur. Beide Persönlichkeitsanteile wirken wie individuelle Identitäten und sollten einander vertrauen, um sich gegenseitig Raum zur Entfaltung zu geben - müssen es aber nicht. Jedes bringt
in die Ego-Struktur ein. Beispielsweise ist das übermäßig gewissenhafte Selbst leicht beleidigt und nachtragend, glaubt an Auge um Auge, ist wenig kompromissbereit und eher als das spontane Selbst für die Ausbildung von Krankheitssymptomen verantwortlich [Lit 188]. Es trennt uns bis zu einem gewissen Grad immer von dem, was wir fühlen - dies ist eine Schutzfunktion vor extremen Emotionen wie Wut und Hass, begrenzt aber auch die Fähigkeit, Liebe und Freude zu empfinden [Lit 189].
Es sei nicht hilfreich, einen dieser Persönlichkeitsanteile zu bekämpfen - dies würde das physische und geistige Dilemma noch verstärken. Wünscht man Korrekturen, sollte der zu beeinflussende Anteil beharrlich liebevoll und sanft überzeugt werden. Auch kreatives Arbeiten kann ein Sicherheitsventil für gestaute Energien dieser Anteile sein. [Lit 188]
Man kann in einem Partner eine Ausweitung seiner eigenen mehr oder minder beschränkten Anteile oder eines dieser Anteile sehen. Dann erhält jede seiner Aussagen eine mystisch-magische Bedeutung und wird von dem entsprechenden Persönlichkeitsanteil unhinterfragt als wahr angenommen. Derart enge geistige Beziehungen können für die seelische Stabilität der Ego-Struktur nachteilig sein, wenn nur eines der beiden Anteile vom Partner verstärkt wird oder auch sehr förderlich, wenn sich beide Anteile im Partner wiederfinden. [Lit 188]
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