Ein Jeder in diesem physischen Lebenssystem "gebärdet sich wie er kann" [Schopenhauer], agiert in Denken und Handeln genau entsprechend seiner spirituellen Informiertheit. Was unterscheidet die verschiedenen Lebensformen, vom Einzeller über Insekten, Tiere bis hin zum Menschen? Es ist die Menge der Informationen aus inneren Sinnen, die jeweils verarbeitet werden können.
Der Einzeller, die Spinne und die Amöbe reflektieren nicht, sie reagieren nur auf klare Gedanken, welche vom Geist der Wesenheit kommend die nächste Handlung vorgeben. Zwar wirken alle innere Sinne zusammen, dennoch sind nach Roberts (Seth) in den verschiedenen Realitätssystemen jeweils zwei besonders gefordert und sollen damit trainiert werden. Einer der intensiv genutzten hiesigen ist der innere Sinn der Beeinflussung von Energie von einer Form in die andere. Dieser Sinn gibt der Spinne die Impulse, ohne Reflexion und Intellekt eines äußeren Wachbewusstseins die Camouflage (Fn. S.107) so zu manipulieren, dass kunstvolle Netze entstehen. [Lit 210]
Tiere sind je nach Gattung mehr oder weniger mit Intellekt und Reflexionsmöglichkeiten versehen und somit mehr oder weniger vom inneren Selbst gesteuert. Dies wird nach Roberts in der Regel fälschlich als instinktgesteuertes Verhalten eingestuft. So setzen Tiere also häufiger innere Impulse unhinterfragt um. [Lit 210]
So ist alles Seiende mit Ausnahme des Menschen besser mit seinem inneren Selbst vernetzt. Der Mensch hat die Möglichkeit, Informationen der inneren Sinne auszublenden. Davon machen heutige Zivilisationen ausgiebig Gebrauch. Dennoch schafft er es, mit dem genannten inneren Sinn seine Camouflage aufrechtzuerhalten.
Tiere besitzen also nicht selten eine begrenzte Reflexionsfähigkeit. Ein Hund, so Roberts, könne durchaus abwägen, ob er zubeißt oder nicht. Dessen äußeres Wachbewusstsein berücksichtigt mehr innere Informationen, als ein Insekt für seine Lebensführung erhält. Dessen ungeachtet verfügt jedes Lebewesen über ein unzerstörbares Identitätsgefühl - auch der Einzeller, die Spinne und die Amöbe. Kein Lebewesen, kein Seiendes überhaupt, ist dem Menschen in irgend einer Weise untergeordnet. Sie sind zu respektieren. [Lit 210]
Der Mensch kann von allen hiesigen Lebensformen die größte Informationsmenge erhalten, verarbeiten und berücksichtigen. Nach Roberts ist dies Teil einer Entwicklung, in der mit einem sich erweiternden Bewegungsradius des Menschen auch die zu verarbeitende Datenmenge zunimmt. Ein bislang von der Außenwelt abgetrennt lebender Eingeborener, hineingeworfen in unsere Zivilisation, kann Anfangs mit der Fülle innerer Informationen nichts sinnvolles anfangen. Es ist eine Entwicklung über ungezählte Generationen, die das äußere Wachbewusstsein entsprechend öffnet.
So sind es auch der Überschuss an im Alltag ungenutztem Intellekt und die daraus resultierende Reflexionsfähigkeit des äußeren Wachbewusstseins und die Menge verarbeiteter innerer Daten, die bei einem Philosophen vom Schlage des Platon größer sind als bei einem gewöhnlichen oder gar nur teilbewusst dahinlebenden Menschen. Allen - auch allen anderen Lebensformen - gebührt jedoch der gleiche Respekt.
Die Überbetonung eines gut ausgebildeten Verstandes ist zudem für die spirituelle Entwicklung nachteilig, wenn der Mensch nicht bereit ist, seine inneren Sinne zu nutzen und den Einfluss des Geistes der Wesenheit zu respektieren. Er könnte dann beispielsweise hervorragend funktionierende Tötungsmaschinen bauen, jedoch nichts zustande bringen, was Menschen, Tiere, Insekten und die Natur in ihrer gewaltigen Kooperation vereint und besser macht. Roberts stellt hierzu fest:
"Es gibt intellektuell hochbegabte Menschen, an deren Verstand zu zweifeln niemandem einfallen würde, und doch bleibt, was eure Einschätzung betrifft, deren, sagen wir mal, gefühlsmäßiger oder spiritueller Entwicklungsrückstand weitgehend unbemerkt. Solche Leute werden natürlich nicht als zurückgeblieben betrachtet. Ich aber werde immer von einem [A.d.V.: anzustrebenden] Gleichgewicht zwischen Intuition und Vernunft sprechen und euch, wie ich hoffe, zu einem gleichsam ehelichen Bündnis dieser Fähigkeiten führen, denn in Eintracht können sie etwas bewirken, das in eurer Welt zweifellos als völlig neue Fähigkeit erscheinen würde, in der sich die besten Eigenschaften beider auf eine Weise vermählten, dass beide eine unerhörte Steigerung erfahren würden
[...] Doch stelle ich nicht etwa das Gefühl über den Intellekt oder umgekehrt. Tatsache ist, dass ihr bei der Einschätzung eurer Mitmenschen viel mehr Gewicht auf intellektuelle als auf emotionelle1 Leistung legt. [... Letztere ist] spirituell wie biologisch von größter Bedeutung. Es gibt Menschen, die bei irgendeinem hypothetischen Test der emotionellen Leistung [A.d.V.: der emotionalen = spirituellen Intelligenz (SI)] eine sehr hohe Bewertung erreichen würden, die man jedoch, dem Diktum eurer Gesellschaft gemäß, unter bestimmten sozialen Gegebenheiten höchstwahrscheinlich als zurückgeblieben einordnen würde." [Lit 187]
Soweit Roberts. Die meisten Menschen reflektieren nicht über das, was sie wollen oder nicht wollen. Sie sind einem Kind gleich, das etwas Schönes sieht und es dann sofort haben will. Meldet sich beispielsweise der Körper mit einem Bedürfnis, bilden sie unreflektiert einen diesem entsprechenden Willen aus, um es umgehend zu befriedigen.
Ergeben sich aus unbefriedigenden Aspekten einer Lebenssituation Bedürfnisse, ist es am freien Willen, eine Änderung dieser Situation herbeizuführen - oder nicht. Denn es ist immer die Entscheidung des Egos, nur gegebenenfalls kontrolliert vom äußeren Wachbewusstsein. Wenn sich also unser Körper mit einem grundlegenden Bedürfnis - beispielsweise mit einem Hungergefühl - meldet, können wir versuchen, das Bedürfnis entweder sofort zu befriedigen, indem wir einen entsprechenden Willen auszubilden - oder später.
Doch gibt es unzählige Impulse, die unabhängig von körperlichen Bedürfnissen das Ego erreichen. Auch ein Interesse des Wachbewusstseins an Irgendetwas mobilisiert das innere Selbst, dieses mit passenden Handlungsimpulsen in seinem Streben zu unterstützen. Fehlt jedoch ein fokussiertes Interesse auf einen Betrachtungsgegenstand, dann bekommt der Protagonist stattdessen weit gestreute Impulse für alles, worauf sich sein Wachbewusstsein gerade fokussiert. Ein solcher Mensch lässt sich leicht durch wechselnde Emotionen ablenken - und zwar umso mehr, wie es dem Wachbewusstsein an Fokussierung auf ein Thema sowie ordnendem Verstand entsprechend verstandesmäßiger Intelligenz mangelt.
Auch wenn unser Handeln durch unsere Lebensumstände und körperliche Bedürfnisse determiniert zu sein scheint, haben wir also die Freiheit, wann und ob wir in der Zeit einem Willen unseres Egos Raum geben. Vom physischen Körper dominierte, spirituell uninformierte äußere Wachbewusstseine reagieren auf Impulse des Körpers, der Lebensumstände und auf Situationen unmittelbar und kaum durch bewusste Abwägung beeinflusst. Sie bilden eine große Anzahl kurzlebiger Einzelwillen aus, in denen sie sich verheddern, weil jeder Wille berücksichtigt sein will, jedoch im Physischen nur einer zur Zeit verfolgt werden kann. Hier wollen sie was und da - und überhaupt immer und überall.
Ein spirituell Hochstehender dagegen versucht, seinen Willen knapp zu halten [Schopenhauer, Kant]; er reagiert beispielsweise nicht unmittelbar auf körperlichen Impulse, sondern wägt stets ab,
C.G. Jung formuliert es so:
"Je zivilisierter, das heißt je bewusster und komplizierter der Mensch aber ist, desto weniger vermag er dem Instinkte zu folgen." [Lit 180]
Der spirituell Informierte ist sich der Banalität eines Großteils seiner Bedürfnisse bewusst und ignoriert sie, so weit es ihm in seinem Entwicklungsstand möglich ist. Je geringer dieser jedoch ist, desto schlechter wird es ihm gelingen. Der Charakterlose ohne spirituelle Informiertheit am anderen Ende der Skala geht jedem Impuls nach, selbst wenn er für ihn selbst oder andere schädlich ist oder der umfassenden Kooperation alles Seienden zuwiderläuft. Er lebt diese Impulse aus, sich sprunghaft zwischen ihnen hin- und herbewegend. Er ist - auch wenn er wegen der vielen nicht erfüllbaren Wünsche unglücklich scheint - auf dieser Spielwiese der physischen Welt der Erscheinungen in seinem Element. Keine Erfahrung, kein in andere Hineindenken bremst ihn im Ausleben seiner Triebe und Bedürfnisse.
So ist ein solcher zu weiteren Reinkarnationen oder präziser Simultanleben gezwungen, bis er schließlich mit gewonnener spiritueller Erkenntnis die Freiheit hat, zu entscheiden, wo er seine spirituelle Entwicklung fortsetzen möchte - ob in einem letzten weiteren Lebenszyklus, in der aussendenden Wesenheit oder selbst als Wesenheit agierend oder in einem völlig anders gearteten Realitätssystem einer anderen Sphäre (Sh. Ahg. 1). Solche Abwägungen finden im Gesamt-Selbst statt, welches dem äußeren Wachbewusstsein zu Lebzeiten nur im Tiefschlaf zugänglich ist.
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