Bei allen denkbaren Differenzierungen durch die drei genannten Kompetenzen in allen ihren Abstufungen, welche der Mensch bietet, und den daraus folgenden unterschiedlichen Fähigkeiten und Charakteren, steht fest: Jedes Individuum hat eine unantastbare einmalige Individualität und ihm ist mit Respekt zu begegnen und seine Werterfüllung zu fördern. Man kann alle Probleme der Menschen und des Planeten auf einem Mangel an Kooperation sowie Respekt allem Seienden und der Natur gegenüber zurückführen.
Jeder Mensch, jedes Kollektiv, arbeitet an seinen individuellen Herausforderungen. Soweit sie außerhalb unseres primären, mit Sinnen erfahrbaren Erfahrungsbereichs und unseres Einflussbereiches liegen, gehen uns fremde Herausforderungen nichts an. Wir sollten nur dann kooperativ, wertschätzend und unterstützend tätig werden, wenn wir durch unsere beispielsweise beruflichen Entscheidungen in die Geschicke anderer Kollektive oder Individuen eingreifen. Das können Länder, Gemeinden oder auch kleinere Einheiten sein. Oder große, wie das Kollektiv des Planeten. Oberstes Ziel allen Denken und Handelns ist, die Werterfüllung (Sh. Erg.Bd.9) alles Seienden zu fördern, diese also mit seinem Handeln nicht einzuschränken.
Der Mensch unseres Weltzeitalters1 neigt jedoch zur Hybris (Fn. S.83). Und wenn er pauschalierend die Natur, einzelne Menschen oder gesellschaftliche Gruppierungen abtut, hat er nur nicht genau genug hingesehen. Ablehnung basiert also auf einem Informationsmangel. Die anderen Menschen sind für uns bloße Karikaturen, bis wir eine geistige Beziehung mit ihnen eingegangen sind. Erst dann ist uns der andere nicht mehr egal. Erst dann verstehen wir ihn. Und können ihn nicht mehr hassen.
Nun ist es nicht möglich, sich in jede Kultur und jedes Individuum in derart einzufühlen. So sind wir gefordert, allen Menschen und Kulturen dieses Planeten gleichermaßen mit Respekt zu begegnen und ausschließlich an ihrer Unversehrtheit und Werterfüllung mit dem Ziel umfassenderer spiritueller Informiertheit interessiert zu sein. Ihre Kämpfe mit ihren eigenen Herausforderungen und eine möglicherweise erkennbare spirituelle Uninformiertheit sollten wir dabei betrachten, wie der Vater liebevoll sein irrendes Kind betrachtet - er lässt es gewähren und seine Erfahrungen selbst machen, steht aber jederzeit für erbetenen Rat und Unterstützung kooperierend bereit.
Jeder Mensch ist mit seinen innewohnenden Fähigkeiten gleichermaßen dazu ausgerüstet und berechtigt, Verstehen, Wertschätzung, Respekt, Werterfüllung, Kooperation, Frieden, Fülle und emotionalen Überschwang zu finden. Überwindet er sein Gefühl von Machtlosigkeit, versetzt ihn das in die Lage, den individuellen Wert allen anderen Seins anzuerkennen. Dies muss er aus dem eigenen Selbst heraus leisten, denn jede von außen aufoktroyierte Problemlösung würde sein Gefühl der Machtlosigkeit nur verstärken. So kann der spirituell informierte Außenstehende nur wertschätzend und respektvoll erbetene Hilfen geben. Der spirituell uninformierte Außenstehende sollte sich besser gar nicht einmischen, denn dessen Hilfen wären destruktiv - wie beispielsweise selbstsüchtige, weil das eigene Portemonnaie füllende Waffenlieferungen an andere Nationen.
Es bestehen also große Unterschiede im Handeln spirituell informierter und uninformierter Personen. Dennoch dürfen wir als Menschen niemals Maßstäbe anlegen und Kategorisieren, denn dass endet regelmäßig in der bei uninformierten Menschen so beliebten Unterdrückung anderer Individuen und Bevölkerungsgruppen. So wollen wir bei aller hier zur Erklärung notwendigen Differenzierung stets Roberts Mahnung gegenwärtig halten:
"Ihr müsst aufhören, im Sinne eines gewöhnlichen Vorwärtsschreitens oder Weiterentwicklung zu denken. Es ist schon schlimm genug, wenn ihr euch Sorgen macht, ob ihr mit den Müllers von nebenan mithaltet. Eine ganz andere Sache ist es jedoch, wenn ihr anfangt, euch zu bekümmern, welche Art von Selbst [oder Bewusstsein] einem anderen überlegen ist." [Lit 190]
Je nach Bewusstseinsfamilie (vgl. Bd.2) haben Menschen ohnehin völlig verschiedene, grundlegende Zielsetzungen und Handlungsschwerpunkte. Die Mitglieder dieser Bewusstseinsfamilien sind nach Erfordernis und freier Entscheidung über alle Ethnien und dem Raum des Planeten verteilt. Wir würden beispielsweise schwarze, weiße und gelbe Menschen finden, die völlig identisch 'ticken'.
Dazu passend sind manche Bewusstseinsfamilien eher emotional veranlagt, andere eher verstandesorientiert. Beide mögen gleich viel Verstand haben, binden ihn aber aufgrund ihrer Weltsicht und Absichten unterschiedlich stark ein. Sie haben sich also dafür entschieden, das menschliche Sein auf eine eigene Weise zu handhaben. Ebenso verhält es sich mit den Emotionen: Beide könnten sich über ihre Emotionen leiten lassen, doch der verstandesorientierte neigt dazu, sie eher zu unterdrücken.
Dies sind überhaupt die zwei polaren Weisen - mit unzähligen Abstufungen dazwischen -, das Leben zu händeln: Die verstandesmäßige Kontrolle und die emotionale Steuerung des Handelns. Sie stehen gleichberechtigt nebeneinander, es gibt kein besser oder schlechter. Es gibt nur gleichberechtigte Varianten. Jede Art, sein Leben zu händeln, hat also die volle Daseinsberechtigung - ob mit Handicap oder ohne, ob emotionsgesteuert oder verstandesorientiert. Wer das nicht berücksichtigt und andere ausgrenzt, zeigt damit seine geringe spirituelle Informiertheit.
Alle Menschen müssen das Leben in der vollen Bandbreite erfahren. War ein Lebenszyklus sehr vom Verstand dominiert und die dortigen Erfahrungen entsprechend einseitig, besteht die Notwendigkeit, in einem der nachfolgenden Lebenszyklen den Reichtum emotionaler Erfahrungen zu erleben. Um dann am Ende ein fein austariertes Selbst zu haben, dass weder Verstand noch Emotionen ausgrenzt, sondern beide einander ergänzend vereint. Denn wenn ein Extrem über viele Lebenszyklen gelebt wird, fährt man gleichsam gegen eine Wand. Man blockiert seine schöpferischen Möglichkeiten und kommt in seiner spirituellen Entwicklung nicht mehr weiter.
Aus diesen polaren Gegensätzen resultiert die Unterschiedlichkeit nicht nur einzelner Menschen, sondern auch ganzer Kulturen. Italiener mögen dem hiesigen Klischee zufolge in der Summe eher emotional ausgerichtet sein, die Briten sind möglicherweise näher am anderen Extrem. Wenngleich es Abstufungen ohne Ende gibt. Eine solche Einschätzung sagt allerdings auch viel darüber aus, wo wir uns auf dieser imaginären Skala selbst einordnen.
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