Es gibt eine letzte, höchste und absolute Wesenheit, aus der alle Dinge hervorgehen und zu der alle Dinge wieder zurückstreben. Diese Vereinigung ist jedoch nur vorstellbar in einer Art intuitiver Betrachtung, bei der unsere auf die bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse basierende Vernunft und Logik ausgeklammert sind.
Griechischer Philosoph Proclos
Beeindruckende Gedächtnisleistungen einzelner Menschen, wie jene des britischen Gedächtnis-Weltmeisters des Jahres 2003, Andi Bell1, wären auf dem ersten Blick ein Indiz für die hier vertretene Annahme, dass sämtliche Informationen eines Lebensverlaufs in der Wesenheit gespeichert sind. Nur lassen sich diese Leistungen hierfür nicht als Beleg heranziehen, denn die Teilnehmer derartiger Wettbewerbe haben nicht gelernt, auf diese Daten effektiver zuzugreifen. Sie verwenden regelmäßig sogenannte Eselsbrücken, so dass sie nicht auf gespeicherte Informationen zugreifen müssen, sondern sich diese über Assoziationen durch Gedankenbilder ergeben. Hiermit ist jedoch weder eine Verbesserung des Zugriffs über das filternde Unterbewusstsein auf die in der Wesenheit gespeicherten Daten verbunden, noch erfordert diese Methode eine außergewöhnliche Intelligenz. Man könnte sie passender als Trick eines Gauklers bezeichnen.
Der Grad der messbaren verstandesmäßigen Intelligenz lässt keine Aussage über den Grad der spirituellen Informiertheit einer Identität zu. Beispielsweise könnte man einen Menschen mit einer hohen spirituellen Informiertheit, jedoch geringer verstandesmäßiger Intelligenz, an echter Herzenswärme und dem Fehlen jeglicher Verschlagenheit erkennen. Auch kann ein spirituell hoch entwickeltes Bewusstsein durchaus mit einem irgendwie geschädigten Gehirn verbunden sein, so dass dessen messbarer Intelligenzquotient gering ist. Andersherum gibt es hochintelligente Identitäten mit geringer spiritueller Informiertheit. Zwischen diesen Extremen sind Abstufungen jeder Kombination zu finden.
Wir verfügen über drei Kompetenzen, in denen sich Menschen unterscheiden:
Die rationale Psychologie unterscheidet - aufbauend auf Platon und Descartes - zwischen den beiden Erstgenannten als 'Substanzen' des Menschen, wenngleich beide Vordenker nach Schopenhauer im Irrtum lagen bezüglich der Annahme, das Bewusstsein wäre zunächst nur ein erkennendes und erst infolge davon ein wollendes Wesen [Lit 112].
Die heutige Zivilisation mit der Überbetonung des Einflusses künstlicher Strukturen und der sie tragenden Institutionen favorisiert jedoch die dritte genannte Kompetenz der Fertigkeiten und der Bildung als Maßstab für Zuwendungen und entgegenzubringenden Respekt. Diese erlernten Kompetenzen wurden daher flächendeckend zum favorisierten Ziel. Ein kleiner Zirkel der geistigen Elite hat darüber hinaus die auf Verstand basierende Intelligenz als Maßstab. Lediglich die spirituelle Intelligenz hat keine organisierten Anhänger. So verfolgen nur sehr wenige Menschen dieses Planeten das eigentliche Ziel menschlicher Existenz - die charakterlich-spirituelle Höherentwicklung (vgl. S. 134, /Bde. 2&8).
Allerdings ist die Fähigkeit zur Reflexion umso höher, je größer die auf Verstand basierende Intelligenz ist. Hieraus lässt sich ableiten, dass verstandesmäßig hochintelligente Menschen aufgrund ihrer erweiterten Möglichkeit zur Reflexion eine größere Chance haben, zu spirituellen Erkenntnissen zu gelangen als im Geiste schwache. Allerdings sind diese auch eher in der Lage, sich Respekt und Zuwendungen unrechtmäßig zu verschaffen. In Politik und Wirtschaft gibt es hierfür zahllose Beispiele. Auch Schopenhauer unterschied in diesem Sinne zwischen dem Charakter und der verstandesmäßigen Intelligenz und sagte:
"Vernünftig [Anm.: hohe, auf Verstand basierende Intelligenz] und lasterhaft [Anm.: geringe spirituelle Informiertheit] lassen sich sehr wohl vereinigen, ja erst durch ihre Vereinigung sind große, weitgreifende Verbrechen möglich. Ebenso besteht unvernünftig und edelmütig sehr wohl zusammen." [Lit 112]
Spirituelle Entwicklung ist aus Sicht der uns einst aussendenden Wesenheiten der zentrale Zweck menschlichen Seins. Vom Geiste stammen wir ab und zum Geiste kehren wir dereinst zurück. Wenn dies die Grundlage allen Seins ist, so ist es auch unser Lebenssinn, verpackt in Lebensaufgaben, die wir uns zwar gewissermaßen selbst stellen, doch die wir nur selten in ihrer Bedeutung als solche erkennen.
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