Betrachten wir zunächst einmal die Annahmen einiger Vordenker und schauen dann, wie es sich nach dem heutigen Erkenntnisstand verhält.
Die Präkognition ist ein nach der Vor-Einsteinschen-Physik unmöglicher Vorgang, weil durch ihr Auftreten die Reihenfolge von Ursache und Wirkung verletzt wird. So werfen präkognitive Erkenntnisse die Frage auf, inwieweit die menschliche Existenz als Schicksal oder als Projekt zu denken ist.
Mit dem Auftreten der Präkognition ist nach herrschender Meinung auch der Zufall kein Zufall mehr, sondern Fügung:
Es gibt keine Grenze,
es gibt keine Gelegenheit,
es gibt nur einen Plan.Robert A. Monroe
Und Schopenhauer merkt an: "Zufall aber und Irrtum, welche zunächst und unmittelbar in den regelmäßigen, kausalen Lauf der Dinge störend eingreifen, würden die bloßen Werkzeuge ihrer unsichtbaren Macht sein."
Nach seiner Auffassung tritt alles, was geschieht, ohne Ausnahme mit einer strengen Notwendigkeit ein, durch eine im tiefsten Grunde liegende Einheit des Zufälligen und Notwendigen. Hiernach ist jeder Versuch, den zwingend notwendigen Verlauf wenigstens in irgendeinem Nebenumstand abweichen zu lassen, stets vergeblich, "indem gerade das, welches das vorher Verkündete vereiteln sollte, allemal es herbeizuführen gedient hat". Er zitiert Seneca: "Den Willigen führt das Geschick, den Nichtwilligen schleift es mit".
Unsere Taten sind nach Schopenhauer das Produkt unseres nahezu unabänderlich feststehenden Charakters (vgl. Bd.6) und der Motive (vgl. Bd.5):
Schopenhauers Feststellungen sind, wie wir noch sehen werden, nur eingeschränkt gültig. Etwas näher an der Sache ist Meek:
"Alle Erfahrungen, die wir machen, sollen uns etwas lehren. Es gibt weder Glück noch Unglück. Im ganzen Universum herrscht Gerechtigkeit [...], Ursache und Wirkung - es gibt keinen Zufall; alles, womit wir uns in unserem Leben auseinandersetzen müssen, hat einen Sinn, ist die Erfüllung eines Plans." [Lit 123]
Dennoch wähnt sich das Bewusstsein in der Freiheit, so oder so entscheiden zu können. Doch ist diese vordergründig freie Wahl angelehnt an Schopenhauer eingeschränkt, weil wir aufgrund
innerhalb einer Wahrscheinlichkeitslinie (vgl. Bd. 2) nur eine identische Entscheidung zu treffen in der Lage sind. Alles Erlebte beeinflusst jedoch den Charakter. Würden wir diesen Entscheidungspunkt mit absolut identischen Vorbedingungen jeweils ohne Erinnerung an das letzte Mal mehrmals passieren, dann würde sich unser Verhalten verändern, weil die verborgene Lebenserfahrung uns andere Schlüsse ziehen lässt. Diesen Umstand nutzen auch die Konflikt-Simulationen der Träume (vgl. S.308).
Nach Roberts hat jedes Lebewesen im Rahmen des Grundthemas seines Lebensdramas die volle Entscheidungsfreiheit. Dies entspricht der Auffassung der meisten Menschen, dass sie über einen freien Willen verfügen. Wenn die Lebewesen jedoch völlig frei in der Wahl ihrer Entscheidungen sind, gäbe es keine Präkognition, könnte man einwenden. Denn diese ist nur dann möglich, wenn der finale Ausgang feststeht.
Im Band zero gehe ich ausführlicher hierauf ein. Hier nur soviel: Innerhalb einer von aufgrund unterschiedlicher freier Entscheidungen vielen möglichen Lebenswegen eines Individuums - seinen Wahrscheinlichkeitslinien - sind die Vorhersagen von Präkognitionen zuverlässig. Dank der Willensfreiheit kann es sich jedoch an jedem Augenblickspunkt für einen gänzlich anderen Verlauf entscheiden. So verzweigt oder versetzt sich ein jedes Individuum mehr oder weniger häufig in alternative parallele Verläufe, also auf andere Wahrscheinlichkeitslinien. Eine frühere Langzeit-Präkognition kann dadurch obsolet (Fn. S.68) werden.
Zudem ergänzt Roberts ihre Aussage mit dem Hinweis, dass es übergeordnete Planungen und Einflüsse gäbe, welche in Fügungen münden, die oft als Zufälle fehlinterpretiert würden. Jedoch sei das Eintreten einer oft über Jahrzehnte avisierten Fügung wegen der Willensfreiheit nicht absolut sicher, es bestehe jedoch innerhalb eines Wahrscheinlichkeitssystems eine gute Aussicht des Eintreffens. Denn die uns beistehenden Wesenheiten bemühen sich um Einhaltung eines vorab mit der Identität vereinbarten Grundthemas seines Lebenszyklus.
Schopenhauers präzise Beobachtungen sind folglich zutreffend, solange man nur einem gegebenen Verlauf folgt - Emersons Lebensfaden (vgl. S.180). Innerhalb dieser einen Wahrscheinlichkeitslinie ist die Zukunft bis in das kleinste Detail determiniert und nicht durch Entscheidungen zum Handeln oder durch Zufälle veränderbar. Es gibt ohnehin keine Zufälle -es gibt nur Fügungen, welche von den im Leben Stehenden als Zufälle wahrgenommen werden, weil sie die verborgenen Zusammenhänge nicht erkennen. Letztere offenbaren sich jedoch immer wieder in Träumen.
Jedoch lässt der freie Wille den Menschen die Wahl, auch verfestigte Einstellungen und Glaubenssätze zu ändern. Eine derartige Neuorientierung könnte bereits in einem Versatz auf eine andere Wahrscheinlichkeitslinie münden. So kann man hierüber einem scheinbar vorgezeichneten Verlauf entkommen. (vgl. Bd. zero)
Mit einem solchen Versatz erhält man eine variierte Zukunft und Vergangenheit (vgl. Bd. zero). Folglich sind frühere Präkognitionen, die nur den Verlauf der damaligen Wahrscheinlichkeitslinie überblickten, damit möglicherweise obsolet und treten nicht ein. Hierdurch kommt es, dass Vorhersagen eigentlich sehr zuverlässigen Seher - wie beispielsweise diejenigen eines avisierten vierten Weltkrieges mit Atomwaffeneinsatz im Sommer/Herbst 2016 - nicht eintraten. Denn wir befinden uns hier auf einer Wahrscheinlichkeitslinie, deren gestaltende Wachbewusstseine sich dafür entschieden haben, ihre internationalen Konflikte auf andere Weise zu lösen. Man hat das avisierte Ereignis nicht akzeptiert.
Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass der Begriff Präkognition von der Sache her eigentlich unzutreffend ist. Hier liefert einmal mehr Roberts die präziseste Korrektur weitverbreiteter Annahmen:
"Verhalten sich die Bewusstseinseinheiten jedoch als Wellen, setzen sie ihrem Selbstgewahrsam keine Grenzen - und wenn sie als Welle agieren, können die Bewusstseinseinheiten tatsächlich gleichzeitig und das heißt auch zu jeder Zeit an mehreren Orten zugegen sein [...] Die Aussage, eine als Welle operierende Bewusstseinseinheit sei präkognitiv oder überhaupt hellsichtig, ist insofern irrelevant, als sie über die Fähigkeit verfügt, simultan an allen Orten und in allen Zeiten zugegen zu sein." [Lit 186]
Nach ihrer Auffassung ist das Verhalten eines Gegenstandes nur solange vorhersagbar, wie wir uns nur auf einen Verlauf bewegen. Da es jedoch in separaten Wahrscheinlichkeitssystemen für uns erreichbare, alternative wahrscheinliche Zukünfte gibt, sind sowohl den Naturgesetzen widersprechende und nicht kausale als auch nicht vorhersagbare Abfolgen von Ereignissen möglich. Alle Voraussagen sind also nur begrenzt gültig. [Lit 190]
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