Die Sterblichkeit als solche und damit das Abtreten von der Bühne der physischen Welt ist für spirituell Hochentwickelte nicht so schwer zu bewältigen wie für geringer informierte Identitäten. Es ist für Erstere ein Segen, eine Rückkehr nach Hause von einer mal angenehmeren, mal unbequemeren Reise. Nach einer hin und wieder unvermeidbaren Orientierungsphase und Eingewöhnungszeit freuen sich diese, auf den höheren Energieebenen 26 oder 27 angekommen und wieder Zuhause zu sein, den Koffer mit wertvollen Erfahrungen abstellen zu können und auszuruhen, bevor es möglicherweise noch einmal losgeht (vgl. Bd.2).
Wir sahen jedoch, dass die auf den unteren Energieebenen 23 bis 25 umherirrenden Identitäten keine Befreiung (Fn. S.198) aus der Orientierungsphase (vgl. S.40) erlangen konnten (vgl. S.173). Nach Ingrisch werden auch spirituell Hochstehende häufig nicht empfangen und sind somit selbst gefordert, sich über ein Interesse für das System und erhabene Gedanken zu orientieren und auszuweiten. Aus dieser manchmal quälend langen Phase des Übergangs gibt es zwei Auswege:
Das tibetische Totenbuch enthält viele Anweisungen, die einen im Buddhismus als unerwünscht angesehenen Eintritt in einen ungeplanten neuen Lebenszyklus verhindern sollen. Und zwar selbst dann, wenn die Entwicklung der Aussendung einer Wesenheit noch nicht abgeschlossen ist. Das Befolgen dieser Anweisungen birgt daher ein Risiko. Denn könnte sich der Betroffene erfolgreich der ungeplanten Wiedergeburt verweigern, würde dies seine Möglichkeiten zur spirituellen Höherentwicklung beschneiden. Kommt er dann nicht auf andere Weise zu Erkenntnissen, könnte dies seinen Aufenthalt in den unangenehmen unteren Energieebenen 23 und 24 unabsehbar verlängern.
Da auch nach Monroe die spirituelle Entwicklung in einem physischen Leben leichter vorangebracht werden kann als in der geistigen Welt, ist dies einem Aufenthalt auf den ohnehin nicht sehr angenehmen unteren Energieebenen vorzuziehen. Grundsätzlich ist das Abwenden einer Wiedergeburt jedoch akzeptabel, weil die Bemühungen selbst schon Ausdruck einer Erkenntnis sind. So könnte dies zu weiteren Informationen führen, beispielsweise derjenigen, dass ein möglicherweise wahrzunehmendes intelligentes, helles und klares (Fn. S.198) Licht die Ausstrahlung des eigenen ursprünglichen Selbst1 ist. Zudem stünde noch die Möglichkeit einer späteren Wiedergeburt offen.
Die tibetischen Mönche, welche in der oben beschriebenen Bardo-Klausur das Einholen wesentlicher Erkenntnisse auf sich nahmen (vgl. S.35), verfügten über keinerlei Informationen über das Gesamtkonstrukt, konnten daher den Sinn und die Notwendigkeit einer ungeplanten physischen Existenz nicht erkennen. Dennoch ist die folgende, sich auf die Ich-Anteile in einem Wachbewusstsein beziehende Aussage der Buddhisten korrekt:
"Im menschlichen Geist gibt es zahllose Keime [A.d.V.: Ichs] für die Bildung neuer Persönlichkeitszentren [A.d.V.: Wachbewusstseine] im Ablauf der Wiedergeburten" [Der sechste Zen-Patriarch, zitiert in Lit 122]
Geplante Wiedergeburten dagegen bieten für erfahrene, nicht am Anfang ihrer Entwicklung stehende Wesenheiten (vgl. Bde. 2 & 6) die Chance auf eine kontinuierliche und durchgeplante Abfolge von Lebenszyklen der Aussendungen. Im Idealfall finden die Abfolgen innerhalb eines Verbundes von Identitäten statt, in dem Kinder sich ihre Eltern und Eltern ihre Kinder in wechselnden Rollen aussuchen (vgl. S.223) [Lit 184]. Dies hätte den Vorteil einer bewährt positiven Umgebung für die Lebenszyklen. Denn die beteiligten persönlichen Bewusstseine der Aussendungen hätten einen ähnlichen spirituellen Erkenntnisstand, einen ähnlichen Habitus und eine ähnliche Denkart, so dass für die Bewältigung der Serie selbst gestellter Herausforderungen, also für die geistige Evolution im Verbund, gute Ausgangsbedingungen bestünden. Mit einem prinzipiellen Widerstand gegen eine Reinkarnation könnte es möglicherweise zu einem Abbruch des Generationen übergreifenden Verlaufs kommen.
Roberts nennt ein Beispiel, in dem die Wahl der Mutter darauf basierte, dass sie eine vertraute Bekannte in einem früheren Leben war. Das zog das kommende Kind an [Lit 211]. In anderen Fällen mögen rein praktische Gründe vorherrschen - wenn beispielsweise ein als Kind verstorbenes Selbst zu seinen ursprünglichen Eltern zurück möchte und darum in deren Nähe zu inkarnieren versucht, ohne die Persönlichkeiten der künftigen Eltern zu berücksichtigen. Oder es will einfach nur so schnell als möglich den unangenehmen Ebenen der geistigen Welt entfliehen und nimmt daher, was kommt.
Meek nimmt entgegen der oben zitierten wissenschaftlichen Untersuchung an, dass es keine erneuten Wiedergeburten im gleichen Verbund gibt. Stattdessen würden Familie, Freunde und Feinde einschließende Seelengruppen alle 150 bis 200 Jahre gemeinsam jeweils einmal wiedergeboren werden. Diese seien nach dem 'Gesetz von Ursache und Wirkung' zusammengefasst (vgl. Bd.8). [Lit 123] Nach meiner Auffassung ergänzen sich beide Variationen in der geplanten Wiedergeburt sehr vorteilhaft und schließen sich nicht aus. Ein derartiges 'Gesetz' gibt es allerdings nicht - die Annahme eines solchen ist eine Vereinfachung dessen, was ist und führt in falsche Denkweisen. [Lit 123]
Nach Meek unterscheiden sich Art und Intensität der Vorausplanung eines neuen Lebens in Abhängigkeit vom spirituellen "Reifezustand der Seelen" gewaltig. Viele würden lieber etwas länger auf der geistigen Energieschicht II verweilen, um Kraft zu gewinnen, Hinweise zu erhalten und damit besser auf einen weiteren Lebenszyklus vorbereitet zu sein. Reinkarnierte jemand eher, läge es daran, dass die anstehenden Lernerfahrungen ausschließlich in einer physischen Existenz zu erreichen seien. Das physische Leben sei ohnehin - ich zitiere - "die vielfältigste Schule zur Weiterentwicklung für die meisten Seelen [...] Ein Teil des Lernprozesses ist der, Verantwortung zu übernehmen für alles, was unser Leben ausmacht [...] Wieder andere brauchen extrem lange, indem sie die gleichen Lektionen öfter wiederholen müssen, bis sie verstanden sind." [Lit 123]
Damit hat Meek den Kern getroffen: Nur wenn wir Verantwortung für unser Denken, Fühlen, Sprechen und Handeln übernehmen, wozu Besonnenheit von Vorteil ist, kommen wir in der spirituellen Entwicklung weiter. Negativität (Fn. S.141), welche uns zu Lebzeiten entgegengebracht wird, wie auch die im Übergang des physischen Todes aus uns selbst heraus erfahrene Negativität (Fn. S.141), fordern uns und sind Bestandteil des Lernprogramms. So lässt sich als Fazit aus diesen Überlegungen ableiten, dass es am Sinnvollsten ist, alle uns widerfahrende Negativität unaufgeregt und kampflos anzunehmen und ihr in Mahatma Ghandhis Sinne mit passivem Widerstand zu begegnen (vgl. Bd.8). Besonnenheit ist der Schlüssel zur Reife.
Nach dem Tibetischen Totenbuch brauchen spirituell uninformierte Identitäten eine vollständige Durchplanung ihres Lebenszyklus als Leitplanken, um diesen überhaupt durchleben zu können, wogegen gut Informierte nur eine Art Skizze anfertigen und deutlich mehr Freiraum in der Auswahl der Ereignisse ertragen können. Dies widerspricht nicht der hier vertretenen Annahme, dass nur der spirituell Hochentwickelte seinen Lebenszyklus relativ frei festlegen kann. Denn der Geringentwickelte, welcher in einen von ihm nicht mitgeplanten Lebenszyklus gelangt, kann dessen Verlauf erst darin befindlich beeinflussen. Wie im Band zero ausgeführt, modifiziert alles Seiende die Lebenspläne in jedem Moment physischer Existenz - wenn nicht bewusst, dann eben unbewusst. Das geschieht unter der liebevollen Führung durch die ursprünglich aussendende Wesenheit. Hierbei erhöhen sich bei einem nachteiligen Verlassen des 'idealen emersonschen Lebensfadens' die Widerstände kontinuierlich, so dass ein Tanz nahe um diese Ideallinie herum das am besten und am leichtesten gelebte Leben ist (vgl. Bd.4).
Je höher also die spirituelle Erkenntnis einer Identität ist, desto mehr Freiheit kann sie ertragen - und nicht nur diejenige von den Instinkten ihrer Gattung (vgl. Bd.5). Somit geht jeder spirituell Uninformierte in Bezug auf die Auswahl des Ortes, der Zeit und der Lebensbedingungen in eine von ihm ungeplante Existenz, in welcher er primär biologisch gesteuert nach den Instinkten seiner Gattung agiert und von der Wesenheit initiierte, ihn steuernde Ereignisse, Prüfungen und Impulse abarbeitet; der Hochstehende dagegen geht in Bezug auf die Auswahl des Ortes, der Zeit und der Lebensbedingungen in eine geplante Existenz, in der die Instinkte seiner Gattung nur noch eine von ihm beherrschbare Rolle spielen. Allerdings muss dieser mehr Verantwortung übernehmen und sich seine Lebensaufgaben selbst suchen. Diese ergeben sich jedoch in der Regel aus den Vorplanungen der Lebensumstände - es ist also nicht so schwierig, wie es sich anhören mag.
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